Donnerstag, 4. Juli 2013

Hartz IV und Stromschulden

Hartz IV-Empfängern, denen wegen rückständiger Beitragszahlungen oder Stromschulden, eine Stromsperre droht, haben einen Anspruch gegenüber dem jeweiligen JobCenter auf finanzielle Unterstützung. Das heißt, dass die Stromschulden als Darlehen oder sogar ausnahmsweise als nicht zurückzuzahlender Zuschuss vom JobCenter übernommen werden.

Entgegen der eindeutigen Rechtsprechung der Sozialgerichte, lehnen viele Job-Center entsprechende Anträge der Hartz IV-Empfänger ab. Die JobCenter begründen die Ablehnung in der Regel damit, dass "reine Stromschulden" die nicht die Heizung betreffen, sondern allein Haushaltsenergie darstellen, Bestandteil der Regelleistung sind. Eine Übernahme komme nicht in Betracht, weil es nicht der Sicherung der Unterkunft diene und keine Wohnungslosigkeit drohe. Vereinfacht ausgedrückt heißt das, dass alles nicht so schlimm ist, auch das Leben ohne Strom, solange die Betroffenen nicht obdachlos auf der Straße sitzen. Bei dieser besonders makaberen Begründung verweisen sie auf den Wortlaut des Gesetzes, § 22 Abs. 8 S. 1 u. 2 SGB II:

„Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht“.

In diesen Fällen führt die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe durch einstweilige Anordnungsverfahren (Eilverfahren) regelmäßig in kürzester Zeit zum Erfolg. Die Sozialgerichte entscheiden dann, dass eine entsprechende Anwendung des Gesetzes geboten ist. Mit anderen Worten: die Stromsperre sei eine der Unbewohnbarkeit der Wohnung vergleichbare Notlage, weil ohne Strom elementare Bedürfnisse wie Kochen, Lesen oder Telefonieren nicht möglich seien.

Aktuell konnten wir in derartigen Angelegenheiten, beispielsweise vor dem Sozialgericht Duisburg – S 26 AS 21/13 ER – sowie dem Sozialgericht Düsseldorf – S 29 AS 2002/13 ER –, unseren Mandanten zum Erfolg verhelfen.

Im Ergebnis überzeugt die Rechtsprechung der Sozialgerichte, da in der heutigen fortgeschrittenen, technisierten Zeit die Stromlieferung nahezu existenziell notwendig ist. In Abgrenzung dazu dürfte ein Leben ohne Strom die Menschenwürde verletzen.