Sonntag, 17. Juli 2011

BAG: Zurückweisung der Kündigung wegen fehlender Vorlage der Vollmachtsurkunde

Für ein Inkenntnissetzen iSd § 174 S. 2 BGB reicht die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, auf Grund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen. (amtl. Leitsatz)

BAG, Urteil vom 14.04.2011 - 6 AZR 727/09

Sachverhalt

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Klägerin war bei der Beklagten befristet beschäftigt. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbart. Die Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags lauteten wie folgt: „Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.“

Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses war von dem Niederlassungsleiter unter Hinweis auf diese Funktion unterzeichnet worden. Der Niederlassungsleiter übte diese Aufgabe seit langer Zeit aus. Die Klägerin hatte jedoch vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters inne hatte. Daher wies die Klägerin die Kündigung wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde schriftlich zurück. Das ArbG wies die Klage ab, das LAG gab ihr statt.

Entscheidung

Nach Auffassung des BAG ist die Kündigung nach § 174 S. 1 BGB unwirksam, weil der Kündigung keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war auch nicht auf Grund einer Kenntnis der Vollmacht nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen. Ein einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten unwirksam, wenn er eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere Teil das Rechtsgeschäft aus diesem Grund zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist allerdings nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung zuvor mitgeteilt hat.

Die Regelung im Arbeitsvertrag, wonach der Niederlassungsleiter Kündigungsvollmacht habe, reicht nach Auffassung des BAG als Bekanntgabe der Bevollmächtigung nicht aus. Die Beklagte hätte der Klägerin zumindest aufzeigen müssen, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Ein Inkentnissetzen müsse ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein. Der Arbeitgeber müsse daher nicht nur mitteilen, welche Position in seinem Unternehmen mit Kündigungsvollmacht ausgestattet sei, sondern auch die Person des jeweiligen Stelleninhabers benennen. Dies sei nicht geschehen.

Beraterhinweis

Die Entscheidung verdeutlicht die Schwierigkeiten der Praxis mit dem Nachweis der Bevollmächtigung zum Ausspruch einer Kündigung. Im vorliegenden Fall meinte der Arbeitgeber, er habe die Kündigungsvollmacht bereits ausreichend durch die Regelung im Arbeitsvertrag bekannt gemacht. Das BAG hat dies zwar im konkreten Fall abgelehnt, jedoch nicht generell ausgeschlossen. Die Besonderheit des Falls lag darin, dass die Arbeitnehmerin erst sehr kurz im Arbeitverhältnis stand und sie auf Grund der Betriebsorganisation mit Erfolg behaupten konnte, den für sie zuständigen Niederlassungsleiter nicht zu kennen. Bei langjährigen Arbeitsverhältnissen werden Arbeitnehmer mit dieser Behauptung wohl kaum Erfolg haben können.

Ein Arbeitgeber sollte, wenn der Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters vorsieht, zusätzlich einen Hinweis in den Arbeitsvertrag aufnehmen, wie der Arbeitnehmer den Niederlassungsleiter in Erfahrung bringt (Hinweis auf einen Aushang im Betrieb, eine Bekanntmachung im Intranet oder sonstige Mitteilungen des Arbeitgebers).

Für den Arbeitnehmer zeigt die Entscheidung, dass die Kündigung bereits aus formellen Gründen scheitern kann. Das Zurückweisungsrecht nach § 174 BGB ist nicht neu, wirft aber immer wieder neue, ungeklärte Rechtsfragen auf. Im Zweifelsfall sollte der Arbeitnehmer daher die Kündigung durch einen Rechtsanwalt zurückweisen lassen, und zwar binnen 7 Tagen!

Quelle: arbeitsrechtsfix.de

Sonntag, 10. Juli 2011

Drei Jahre Haft für den Griff in die Vereinskasse

Essen. Ein früherer Schatzmeister des Essener Lions-Clubs ist mit seiner Berufung vor dem Landgericht gescheitert. Er muss für drei Jahre ins Gefängnis – wegen des Griffs in die Vereinskasse. 400 000 Euro leitete der 68-Jährige auf sein eigenes Konto.

Es bleibt dabei: Der frühere Schatzmeister (68) des Lions-Clubs muss für drei Jahre ins Gefängnis. In 93 Fällen hat er sich fast fünf Jahre lang aus der Vereinskasse bedient und dabei 400 000 Euro auf sein eigenes Konto überwiesen. Bewährung wollte der Rentner aus Borbeck, und nicht die vom Amtsgericht verhängte Haftstrafe. Das ging im Berufungsverfahren vor dem Landgericht daneben. Im Gegenteil: Der 68-Jährige musste eine härtere Strafe befürchten. Nach einem entsprechenden Hinweis von Richter Peter Wilfinger nahm er die Berufung zurück.

Ein „ ehrenwerter“ Mann?- Zumindest sieht sich der Angeklagte so. Er spricht von seiner „ehrenwerten Auffassung“ und meint damit, er habe sich beim Ausgleich seiner privaten Schulden „ seiner Verantwortung“ gestellt. Arbeiten gehe er nicht und er erklärt: „Wenn ich etwas tun würde, würde eh alles gepfändet werden.“ Rechtfertigungen ohne Ende, bemängelt der Richter und vermisst Reue. Der 68-Jährige hatte Mitgliedsbeiträge des Landesverbandes, des Ortsvereins „Assindia“ und des dazugehörigen Fördervereins kassiert, mit dem Geld private Finanzlöcher gestopft. Verteidiger. Wolfgang Küpper- Fahrenberg interessiert, wieso bei der jährlichen Abschlussprüfung nichts von den Unterschlagungen auffiel. Der Angeklagte weiß nur soviel: Geprüft worden sei regelmäßig von zwei Direktoren einer großen Essener Bank.



Quelle: derwesten.de, 8.7.2011