Donnerstag, 23. Juni 2011

Keine Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses durch mündlichen Geschäftsführerdienstvertrag

Ein bestehendes Arbeitsverhältnis kann durch den Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags nur dann nach § 623 BGB formwirksam aufgehoben werden, wenn der Geschäftsführervertrag schriftlich geschlossen wird. Ohne formwirksame Aufhebung bleibt bei einem Streit über die Beendigung des weiterhin bestehenden Arbeitsverhältnisses der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben.

BAG, Beschluss vom 15.03.2011- 10 AZB 32/10

Sachverhalt

Der Kläger war seit 1996 als kaufmännischer Angestellter bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2008 wurde er in die Geschäftsführung der Beklagten berufen. Eine schriftliche Vereinbarung wurde nicht geschlossen.

Die Beklagte kündigte das Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis. Kurze Zeit später kündigte die Beklagte vorsorglich alle etwaig bestehenden Arbeits- oder sonstigen Dienstverhältnisse zum nächst zulässigen Zeitpunkt. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Das ArbG Hamburg hat den Rechtsstreit an das LG Hamburg verwiesen. Das LAG Hamburg hat auf die sofortige Beschwerde des Klägers hin den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt.

Rechtliche Wertung

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des BAG ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben. Zwar werde im Zweifel mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags das bisherige Arbeitsverhältnis des angestellten Mitarbeiters aufgehoben. Die gegenteilige Annahme setze deutliche Anhaltspunkte für die Absicht der Parteien zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses voraus. Allerdings sei für die wirksame Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 623 BGB erforderlich. Hierfür genüge der Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrags. Daran fehle es aber im vorliegenden Fall. Das ursprünglich bestehende Arbeitsverhältnis sei daher nicht beendet.

Das Arbeitsverhältnis ist nach Auffassung des BAG durch die Geschäftsführerbestellung auch nicht umgewandelt worden. Jede Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses, die auf eine Beendigung ziele, setze nach § 623 BGB Schriftform voraus.

Fazit

Das BAG setzt seine Rechtsprechung zur Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses bei Beförderung zum Geschäftsführer und zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte in solchen Konstellationen konsequent fort. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn neben dem Geschäftsführerdienstvertrag ein weiteres (ruhendes) Arbeitsverhältnis besteht. Für einen Streit über dessen Bestand sind die Arbeitsgerichte zuständig. Die Fälle, in denen tatsächlich ein solches Ruhen des Arbeitsverhältnisses anzunehmen ist, sind bei der Beförderung eines bisherigen Arbeitnehmers zum Geschäftsführer jedoch selten. Das BAG nimmt an, dass im Zweifel das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben wird. Eine Ausnahme ist nur dann möglich, wenn für einen abweichenden Parteiwillen deutliche Anhaltspunkte vorliegen oder – wie hier – die Parteien das gesetzliche Schriftformerfordernis nach § 623 BGB für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nicht einhalten.

Beraterhinweis für den Arbeitnehmer

Diese Fallkonstellationen tauchen immer wieder auf. Sie bergen enormes finanzielles Potenzial. Im Regelfall kündigt der Dienstherr nur den Geschäftsführerdienstvertrag, zumeist fristlos. Über deren Wirksamkeit streiten die Parteien dann vor dem Landgericht und finden zumeist eine gütliche Einigung in Form eines Vergleichs. Dieser sollte aus Arbeitnehmersicht nur eine Regelung über die Beendigung des Dienstverhältnisses zum Inhalt haben.

In einem zweiten Schritt wird der Arbeitgeber dann zu seiner Überraschung aufgefordert, das bislang ruhende, durch die Beendigung des Geschäftsführerdienstvertrags aber wieder auflebende Arbeitsverhältnis wieder fortzusetzen. Das Erstaunen ist groß und führt zu einer weiteren Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der Kündigungsfrist ist die Vergütung fortzuzahlen. Zudem ist meistens eine Abfindung zu generieren, weil die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt ist.

Beraterhinweis für den Arbeitgeber/Dienstherrn

Bei der Beförderung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer sollte zwingend die Schriftform für den Geschäftsführerdienstvertrag gewahrt werden, damit hierdurch das Arbeitsverhältnis beendet wird, und nicht ruht.

Ansonsten droht das oben aufgezeigte Szenario, wenn der Berater des Arbeitnehmers die Problematik erkennt.

Es informiert Rechtanwalt Christian Schäfer bei arbeitsrechtfix.de

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