Freitag, 21. Juni 2013

RA Dr. Carsten Engel kommenentiert die Entscheidung des Landgerichts Essen zu der Frage der Außenwirkung und Bindungswirkung von Schiedsgutachten für Mitglieder der Innung für das Kraftfahrzeug-Handwerk

Mit der hier veröffentlichten Entscheidung befasst sich das Landgericht Essen mit der Frage der Außenwirkung und Bindungswirkung von Schiedsgutachten für Mitglieder der Innung für das Kraftfahrzeug Handwerk.

1. Die Kammer ist der Auffassung, dass ein solches Schiedsgutachten keinerlei Außenwirkung entfaltet und dem Kunden des Innungsbetriebs daher kein materieller Anspruch auf Durchsetzung des Schiedsspruches zusteht. Dem Innungsbetrieb steht weiterhin der Rechtsweg offen, es sei denn, dass dieser durch Schiedsvertrag oder anderweitige gerichtliche Zuständigkeit ausgeschlossen sei.

2. Das Urteil überzeugt und ist inhaltlich juristisch zutreffend formuliert.

Trotz eines Schiedsspruchs muss dem Innungsmitglied seine Verteidigungsmöglichkeiten offen gehalten werden. Dies entspricht gerade dem Anspruch auf rechtliches Gehör und kann nicht durch die Satzung der Innung pauschal ausgeschlossen werden, es sei denn die Parteien schließen eine der ZPO entsprechende Schiedsvereinbarung, die dann aber über die derzeit praktizierte Schiedsstellenklausel der Innung hinausgehen müsste.

3. Die Konsequenzen des Urteils für den Verbraucher dürften insoweit nachteilig sein, als dass sich Innungsbetriebe nicht mehr an das Schiedsgutachten gebunden fühlen müssen und vielmehr lediglich innungsinterne Konsequenzen zu akzeptieren haben. Allerdings schafft die Entscheidung ebenso Klarheit und macht den Stellenwert eines Schiedsspruchs deutlich. Denn wie das vorinstanzliche Urteil des Amtsgerichts zeigt, ist auch in der Rechtsprechung die Bindungswirkung bislang unterschiedlich behandelt worden. Insofern dürfte die Entscheidung des Landgerichts zur Rechtssicherheit beitragen.
Die Entscheidung hat zur Konsequenz, dass das Schiedsgutachten gerade keinen vollstreckbaren Titel schafft. Eine juristische Durchsetzung des Schiedsspruchs gegen den Willen des Innungsbetriebes erfordert ein gerichtliches, auf Erlangung eines Titels gerichtetes Verfahren. Das Schiedsgutachten ist somit nur als ein „stumpfes Schwert“ zu bezeichnen, welches dem Kunden nur dann die Möglichkeit bietet, den Streit der Parteien unter Auffassung der Schiedsstelle schnell beizulegen, wenn der Innungsbetrieb sich freiwillig an das Ergebnis des Schiedsgutachtens hält.

Das Schiedsverfahren stellt zwar grundsätzlich ein schnelles und kostengünstiges Verfahren zur Klärung einer vertraglichen Streitigkeit zwischen Kunden und Innungsbetrieb dar. Es wird in der Praxis von den Innungsbetrieben sicherlich in einer Vielzahl von Fällen auch eine Akzeptanz des Schiedsspruches erfolgen.

Wer sich aber als Kunde nach der Durchführung eines Schiedsverfahrens einen schnellen und kostengünstigen Titel verspricht, der wird enttäuscht. Insbesondere nach diesem Urteil besteht die Gefahr, dass die Erfolgsquoten der Schiedsverfahren für den Kunden sinken. Dennoch bietet es eine Möglichkeit für Kunden ohne Rechtsschutzversicherung, kostengünstig Fragen zu Mängeln vorab zu klären.

Im Ergebnis ist aber darauf hinzuweisen, dass sich Schiedsverfahren nur lohnen, wenn berechtigte Hoffnungen bestehen, dass der Innungsbetrieb dem Schiedsurteil auch folgen wird. Ansonsten führt die Durchführung eines Schiedsverfahrens nur zu einer verlängerten Auseinandersetzung der Parteien unter Erhöhung der gesamten Kosten.
Vor allem sollte das Innungsgewerbe nun aber aufgefordert werden, die Kunden schon vorab auf die fehlende Bindungswirkung des Schiedsspruches deutlich hinzuweisen. Bislang fehlen diese Hinweise und der Kunde wird im Glauben gelassen, nach einem für ihn günstigen Ausgang des Schiedsverfahrens bestünde auch ein bindender Anspruch, Dass dem gerade nicht so ist, zeigt das hier vorliegende Urteil.

Rechtsanwalt Dr. Carsten Engel,
Fachanwalt für Verkehrsrecht

Den kompletten Artikel aus der DAR finden Sie hier.


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