Freitag, 11. November 2011

Beschluss des AG Hagen

DAS AG Hagen -Mahngericht- hat nach Erinnerung durch RA Dr. Jan Teigelack erstmals bestätigt, dass die Nebenforderung in Form der Anwaltsvergütung für die vorgerichtliche Tätigkeit in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr nicht erkennbar offensichtlich unbillig ist und insoweit auf die Entscheidung des BGH vom 13.1.2011, IX ZR 110/10, verwiesen.

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Mittwoch, 9. November 2011

Bundesgerichtshof stärkt Rechte von Versicherungsnehmern

Der Bundesgerichtshof hat Rechte von Versicherungsnehmern, die Versicherungsverträge vor 2008 abgeschlossen haben, gestärkt. Sollte die Versicherung die Versicherungsbedingungen nicht an eine neue Gesetzeslage ab 01.01.2008 angepasst haben, können sich die Versicherungsfall nicht auf die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten bereiten (BGH Urteil 12.10.2011 –IV ZR 199/10-).

Es informiert Rechtsanwalt Ulrich Kelch

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Händlerhaftung nach BGB unter Berücksichtigung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

EuGH, Urteil vom 16.6.2011 - C-65/09 und C-87/09


1. Gemäß Art. 3 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist nationales Recht so auszulegen, dass einen Käufer im Rahmen der Nacherfüllung möglichst keine finanziellen Belastungen treffen. Ausbaukosten einer eingebauten Kaufsache hat grundsätzlich der Verkäufer ebenso wie die neuen Einbaukosten der mangelfreien Sache zu tragen.


Anmerkung

I. Sachverhalt

Im Urteil vom 16.6.2011 klärt der EuGH die in zwei verbundenen Verfahren vorgelegte Frage, ob aus Art. 3 Abs. 2 und 3 der RL 1999/44/EG (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) folgt, dass dem Verbraucher ein sowohl von Verschulden als auch von vertraglicher Übernahme unabhängiger Anspruch auf Ersatz von Aus- und Einbaukosten im Falle der Lieferung einer mangelhaften Sache zusteht. In der Sache C-65/09 (vorgelegt vom BGH) ging es um den Ausbau mangelhaft gelieferter Fliesen, in der Sache C-87/09 (vorgelegt vom AG Schorndorf) um die Ein- und Ausbaukosten einer mangelhaft gelieferten Spülmaschine. In beiden Fällen lag unstreitig ein Sachmangel vor, die Parteien stritten nur um den Umfang der Ersatzlieferung. Im erstgenannten Fall ist der BGH der Ansicht, Ausbaukosten seien grundsätzlich nicht von § 439 Abs. 2 BGB umfasst und es könne eine absolute Unverhältnismäßigkeit vorliegen. Auch diese Frage, ob die absolute Unverhältnismäßigkeit gegen Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verstößt, wurde dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

II.Entscheidung

Pflicht des Verkäufers zum Wertersatz von Ein- und Ausbaukosten

Der EuGH stellt fest, dass der Verbraucher einen von Verschulden unabhängigen Anspruch auf Ersatz der notwendigen Ein- und Ausbaukosten hat. Voraussetzung ist, dass das "vertragswidrige Gebrauchsgut" (= mangelhafte Sache) "gutgläubig" gemäß seiner Art und dem Verwendungszweck eingebaut wurde (Tenor zu 1). Dies gelte "in einem Fall, in dem keine der beiden Parteien schuldhaft gehandelt" habe (Rn. 57).

Dies widerspricht der bisherigen Rechtslage im deutschen Recht, nach der weder Ein- noch Ausbaukosten verschuldensunabhängig ersetzt werden können (BGH VIII ZR 70/08 ; BGH VIII ZR 211/07). Diese deutsche Rechtsprechung verstößt nach den Feststellungen des EuGH gegen Art. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Der Gerichtshof argumentiert, die Richtlinie sehe Nacherfüllung und Nachbesserung grundsätzlich als gleichwertige Alternativen vor. Wenn aber bei einer durchgeführten Nachbesserung den Käufer auch keine Ein- und Ausbaukosten träfen, könne dieser im Fall der Nachlieferung nicht mit den Mehrkosten des Ein- und Ausbaus belastet werden. Nachlieferung und Nachbesserung müssten das gleiche Schutzniveau erreichen (Rn. 51).

Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie hat der Verbraucher Anspruch auf unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands. Diese Unentgeltlichkeit wird durch Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie konkretisiert. Danach sind von der Pflicht zur unentgeltlichen Herstellung des vertragsgemäßen Zustands "insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten" umfasst. Aus der Formulierung "insbesondere" folge, dass es sich hierbei nicht um eine abschließende Aufzählung handele. Der offenkundige Wille des Unionsgesetzgebers sei vielmehr, dass ein wirksamer Verbraucherschutz gewährleistet werde (Rn. 53). Auch wird in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie aufgeführt, dass die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer zu erfolgen habe; Kosten bei der Nacherfüllung seien aber derartige Unannehmlichkeiten.

Den Interessen des Verkäufers werde durch die zweijährige Verjährungsfrist und die Regressmöglichkeit gegen den Hersteller Rechnung getragen.


Unmittelbare Unklarheiten ergeben sich in der Entscheidung daraus, dass der EuGH verlangt, dass der Verbraucher "gutgläubig" gehandelt haben muss. Hierbei stellt sich die Frage, ob der Gerichtshof eine Ersatzpflicht für Aus- und Einbaukosten für den Fall ausschließen möchte, dass der Verbraucher hätte erkennen können oder müssen, dass die Kaufsache mangelhaft war (dies könnte sich zwischen der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Mangels gemäß § 442 BGB und § 377 HGB bewegen) oder ob die Einschränkung ohne rechtliche Bedeutung sein soll.

III.Folgen

Beim Verbrauchsgüterkauf, wird § 439 Abs. 2 BGB richtlinienkonform dergestalt auszulegen sein, dass hiervon auch Aus- und Einbaukosten umfasst sind. Der Verkäufer (Händler) kann sich dann in der Verkaufskette schadlos halten, die im Idealfall bis zum Hersteller zurückreicht. Erleichterungen für diesen Regress ergeben sich aus § 478 BGB. Es ist anzunehmen, dass diese Regelung, die bislang in der Praxis keine große Bedeutung hatte, nunmehr eher in den Fokus rückt. Es ist absehbar, dass die Frage der Regressierung die nächste große "Baustelle" des Verbrauchsgüterkaufrechts darstellen wird, da diesbezüglich noch zahlreiche Fragen ungeklärt sind.

Es informiert Rechtsanwalt Christian Schäfer

Freitag, 4. November 2011

Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

Nach § 1586 BGB erlischt der Unterhaltsanspruch mit der Wiederheirat des Unterhaltsberechtigten. Wird diese neue Ehe wiederum aufgelöst, kann der ehemals Unterhaltsberechtigte von dem ehemals Unterhaltspflichtigen nur Unterhalt verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe zu pflegen oder zu erziehen hat (Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB). In erster Linie haftet jedoch der Ehegatte der später aufgelösten Ehe für Unterhalt. Ähnlich ist die Situation, wenn der Unterhaltsberechtigte nach Trennung von dem anderen Ehegatten in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, aus diesem Grunde gemäß § 1579 Ziffer 2 BGB seinen Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange gemeinschaftlicher Kinder wegen grober Unbilligkeit entfallen ist und dann diese Lebensgemeinschaft wieder aufgelöst wird. Diese Fallgestaltung passt wegen der fehlenden neuen Eheschließung zwar nicht unter § 1586 a BGB. Dennoch ist der BGH in seinem Urteil vom 13.07.2011 –XII ZR 84/09- der Auffassung, dass ein wegen Aufnahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft verwirkter Unterhaltsanspruch regelmäßig nur im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt wieder auflebt. Für andere Unterhaltstatbestände kommt dies nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität gefordert werden kann, das eine fortdauernde nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann. Im Rahmen einer ausnahmsweise anzustellenden Zumutbarkeitsprüfung ist dann auch zu entscheiden, ob und inwieweit eine Einschränkung des Unterhalts oder dessen zeitliche Begrenzung nach § 1578 b BGB in Betracht kommt.

Es informiert Rechtanwalt Christian Schäfer