Dienstag, 27. September 2011

Falsche Beantwortung der Frage nach einer Schwerbehinderung - Anfechtung des Arbeitsvertrags

Täuschung im Bewerbungsgespräch rechtfertigt nur bei Ursächlichkeit für die Einstellung eine Anfechtung

Beantwortet ein Bewerber eine zulässige Frage im Bewerbungsgespräch falsch, so kann der Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein. Das gilt aber nur, wenn die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber in der Klageerwiderung erklärt, er hätte den Arbeitnehmer unabhängig von der Antwort auf die Frage (hier: nach einer etwaigen Schwerbehinderung) eingestellt.

BAG, Urteil vom 07.07.2011 - 2 AZR 396/10

Sachverhalt

Die Klägerin war seit März 2007 bei dem beklagten Softwareunternehmen im Außendienst beschäftigt. Bei ihrer Einstellung hatte sie die Frage nach einer Schwerbehinderung verneint, obwohl sie seit 1998 als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt ist. Erst als der Beklagte der Klägerin im Oktober 2008 nahelegte, gegen Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, informierte sie ihn über ihre Schwerbehinderung.

Der Beklagte erklärte daraufhin die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung und eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung.

Entscheidung

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die Anfechtungserklärung noch durch die Kündigung des Beklagten aufgelöst worden.

Im vorliegenden Fall sei die Täuschung nicht ursächlich für den Abschluss des Arbeitsvertrags gewesen. Die Beklagte habe ausdrücklich erklärt, sie hätte die Klägerin auch eingestellt, wenn diese die Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte. Anfechtung und Kündigung könnten auch nicht darauf gestützt werden, dass die Klägerin sie zugleich über ihre Ehrlichkeit getäuscht habe. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin sei ehrlich, beruhte nämlich nicht auf deren falscher Antwort.


Rechtsanwalt Christian Schäfer berät bei arbeitsrechtfix.de

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