Mittwoch, 16. September 2009

Unschuldig trotz 2,4 Promille am Steuer?

Mit 2,4 Promille Alkohol im Blut saß die 40-Jährige in ihrem Auto. Doch betrunken gefahren sei sie nicht, behauptet sie vor dem Essener Amtsgericht. Sie habe sich umbringen wollen und am Straßenrand getrunken.

„Wir kennen das”, sagt der 55 Jahre alte Polizist. Sie hätten deshalb extra den Wagen der Angeklagten nach Flaschen abgesucht. Denn Trunkenheitsfahrer behaupteten immer wieder, sie hätten nicht vor der Fahrt, sondern erst nach dem Anhalten am Straßenrand getrunken. Er ist sich sicher: „Da waren keine Flaschen.” Aber ob nun er oder sein Kollege gesucht hätten, das weiß er ein Jahr nach dem Einsatz schon nicht mehr.

Von der Polizei geweckt

Auf derartige Details könnte es ankommen, bevor Amtsrichterin Monique Dreher an einem späteren Prozesstag ihr Urteil sprechen wird. Vor ihr sitzt eine gepflegt wirkende 40-Jährige aus Heidhausen. Am 24. Juli vergangenen Jahres hatte die Polizei sie um 23.41 Uhr in der Nähe ihrer Wohnung im Auto entdeckt und geweckt. Der Motor ihres Wagens lief noch. 2,4 Promille Alkohol ergab eine Stunde später die Blutprobe.

Zweimal fehlte die Angeklagte

Eigentlich eindeutig. Doch in diesem Verfahren ist wenig eindeutig. Zweimal hatte die Richterin schon zum Prozess gebeten. Aber an beiden Tagen fehlte die Angeklagte, kamen nur die Zeugen. Gestern erschien die 40-Jährige mit Hilfe der Polizei, aber zwei Zeugen fehlten. Was die Angeklagte erzählte, machte die Sache nicht einfacher: Im Ehestreit habe sie das Haus verlassen. Fest entschlossen, aus dem Leben zu scheiden. Nach einigen Metern habe sie den Wagen abgestellt und begonnen, eine Flasche Wodka und eine Flasche Wein zu leeren. Außerdem habe sie den Auspuff verstopft und einen Schlauch ins Wageninnere gelegt.

Ehemann hatte die Polizei angerufen

Anhaltspunkte für diesen Suizidversuch fanden die Beamten nicht. „Der Motor lief. Das geht doch bei einem verstopften Auspuff nicht”, sagen sie. Leere Flaschen hätten sie auch nicht entdeckt. Verteidiger Peter Kuhlhoff und der Vertreter der Staatsanwaltschaft werfen ihnen vor, nicht gründlich geguckt zu haben. Schließlich seien die Polizisten ja sicher von einer Trunkenheitsfahrt ausgegangen, als der Ehemann sie um 23.08 Uhr alarmiert hatte: „Meine Frau ist gerade betrunken losgefahren.” Fraglich nur, ob dieser Anruf verwertet werden darf, wenn der Mann zum Beispiel die Aussage vor Gericht verweigert. Gestern fehlte er.

Rechtsmediziner hilft nicht weiter

Rechtsmediziner Andreas Freislederer trägt auch nicht zur Klarheit bei. Sicher ist er, dass die von der Frau genannte Trinkmenge für den Promillewert „viel zu viel” ist. Aber vielleicht ist von ihr ja einiges verschüttet worden. Schafft es eine Frau denn, in einer Stunde auf 2,4 Promille zu kommen? „Aus rechtsmedizinischer Sicht unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.” Der Prozess wird fortgesetzt.

Mehr Informationen unter www.linten.de
Quelle: derwesten.de, 29.07.2009

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