Montag, 21. November 2016

Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern – Neues vom Bundessozialgericht



 Die Stellung des Geschäftsführers zur GmbH bestimmt sich neben den Regelungen des GmbHG insbesondere nach dem Gesellschaftsvertrag und dem schuldrechtlichen Dienstvertrag des Geschäftsführers. Diese drei Regelungsentitäten bilden den rechtlichen Rahmen für die Beziehung des Geschäftsführers zur Gesellschaft und damit auch für die Frage der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers gegenüber der GmbH.


Das BSG geht zwar weiterhin von einer rechtlichen Einordnung anhand des Gesamtbilds der Tätigkeit aus, reduziert die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung von Geschäftsführern einer GmbH im Ergebnis aber auf die Frage, ob der Beschäftigte einem Weisungsrecht unterliegt, oder ob dieser über die Rechtsmacht verfügt, ihm unangenehme Weisungen jederzeit zu verhindern. So weist das BSG bzgl. anderer Umstände darauf hin, dass diese sowohl in einem selbstständigen als auch in einem nicht selbstständigen Arbeitsverhältnis vereinbart werden können und daher für die Zuordnung im Wesentlichen unbeachtlich sind (so z. B. die Zahlung einer erfolgsabhängigen Vergütung).

Der Wandel der Rechtsprechung führt dazu, dass in der neueren Rechtsprechung das Merkmal der Weisungsgebundenheit für die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung der Tätigkeit des Geschäftsführers von überragender Bedeutung ist. Ist die GmbH als „Arbeitgeber“ in der Lage, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, so ist von einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 I 1 SGB IV auszugehen. Verfügt der Geschäftsführer dagegen über die Rechtsmacht, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern, so ist regelmäßig von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen. Entscheidend für die Frage der Weisungsgebundenheit sind dabei – wie aufgezeigt – nicht mehr die tatsächlichen Umstände der Beziehungen des Geschäftsführers zur Gesellschaft, sondern die Rechtsbeziehungen.

1. Fremd-Geschäftsführer

Der Fremd-Geschäftsführer, der nicht auch Gesellschafter ist, unterliegt den Weisungen der Gesellschafterversammlung, ist mithin weisungsabhängig im Sinne des § 7 I SGB IV tätig und unterliegt deshalb der Sozialversicherungspflicht.

2. Gesellschafter-Geschäftsführer hält mindestens 50 % der Anteile

Der Grundsatz der Weisungsabhängigkeit wird durchbrochen, wenn der Geschäftsführer über die Rechtsmacht verfügt, Weisungen an sich jederzeit zu verhindern.

Eine solche Rechtsmacht kann insbesondere dann bestehen, wenn der Geschäftsführer als Gesellschafter an der GmbH beteiligt ist, mithin aufgrund seiner Gesellschafterstellung in der Gesellschafterversammlung mit abstimmt und auf diese Weise auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung Einfluss nehmen kann.

Da die Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung vorbehaltlich einer abweichenden Regelung  grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, ist im Grundsatz davon auszugehen, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der mindestens 50 % der Anteile an der GmbH hält, ihm in seiner Rolle als Geschäftsführer nicht genehme Weisungen verhindern kann, indem er seine Stimmrechte im Rahmen der Gesellschafterversammlung dazu einsetzt, entsprechende Beschlüsse zu unterbinden.

Dieses soll nach der Rechtsprechung des BSG auch dann gelten, wenn ein besonderer Beirat geschaffen worden ist. Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der mit einem Anteil von 50 % an der GmbH beteiligt ist, ist auch in diesem Fall selbstständig tätig und unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht.

3. Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer

Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der weniger als 50 % der Anteile hält, ist ebenso wie der Fremd-Geschäftsführer regelmäßig rechtlich nicht in der Lage, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Mithin ist bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, der weniger als 50 % der Anteile an der GmbH hält, ebenso wie bei einem Fremd-Geschäftsführer aufgrund seiner Weisungsgebundenheit nach im Grundsatz von einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 I SGB IV und damit vom Bestehen der Sozialversicherungspflicht auszugehen.

Von diesem Grundsatz können Ausnahmen auftreten, und zwar durch besondere gesellschaftsrechtliche oder schuldrechtliche Vereinbarungen oder aufgrund der Umstände der Tätigkeit.

4. Gesellschaftsrechtlich begründete Ausnahmen

In der Praxis wird von den gesetzlich vorgesehenen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen nicht selten abgewichen.

a) Gesellschaftsvertraglich verankerte Sperrminorität

Eine Sperrminorität bezeichnet die Möglichkeit, bei Abstimmungen Mehrheitsbeschlüsse verhindern zu können, ohne über die hierfür grundsätzlich erforderliche Quote der für eine Beschlussfassung erforderlichen Stimmen zu verfügen.

Die Vereinbarung einer Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag ist zulässig. Der Geschäftsführer, der über einen entsprechenden Umfang an Anteilen verfügt und sich auf ein gesellschaftsvertraglich verankertes Minderheitenrecht stützen kann, verfügt damit über die Rechtsmacht, ihm unangenehme Weisungen zu unterbinden.

Bislang war zweifelsfrei, dass ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer weisungsfrei und damit selbstständig ist, wenn er über eine gesellschaftsrechtlich verankerte Sperrminorität verfügt. Das BSG hat in seiner jüngsten Rechtsprechung indes daran gezweifelt, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragslage mit Rücksicht auf die im sozialversicherungsrechtlichen Kontext des § 7 I SGB IV stehende Beurteilung der Geschäftsführertätigkeit für die Statusentscheidung bedeutsam sind.

Letztlich hat es diese Frage offen gelassen und auch nicht ausgeführt, wie diese Zweifel mit der Einheit der Rechtsordnung einhergehen. Ob ein Geschäftsführer Weisungen unterliegt, ist eine Tatsache, die nicht vom Rechtsgebiet abhängt.

Das BSG fordert zudem, dass die gesellschaftsvertraglich verankerte Sperrminorität beständig ist und der Minderheitsgesellschafter sich im Konfliktfall gegen die Entziehung seiner Sperrminorität wehren kann.

Wenn ein Gesellschafter über eine umfassende Sperrminorität verfügt, kann sie ihm gegen seinen Willen nicht entzogen werden, da er diese Satzungsänderung mit seiner Sperrminorität verhindern kann.

b) Gesellschaftsvertragliches Vetorecht gegen Weisungen

Anstelle einer Sperrminorität, welche die Fassung von Beschlüssen der Gesellschafter verhindern kann, kann auch ein Vetorecht des Geschäftsführers gesellschaftsrechtlich vorgesehen sein, das dem Geschäftsführer das Recht gibt, ihm erteilte Weisungen nicht befolgen zu müssen. Die Geltendmachung des Vetorechts und die damit einhergehende Nichtbefolgung von Weisungen kann dann nicht von der Gesellschaft sanktioniert werden, da dem Geschäftsführer dieses Recht gerade zugesprochen wurde. Anders als bei der Sperrminorität ist bei einem Vetorecht indes die vom BSG geforderte notwendige Beständigkeit der Weisungsfreiheit fraglich, weil das Vetorecht, das sich nur auf die Befolgung von Weisungen bezieht, die Gesellschafter nicht hindert, den Gesellschaftsvertrag dahingehend zu ändern, dass das Vetorecht entzogen wird.

c) Gesellschaftsrechtliche Sonderrechte durch Beteiligung oder Sperrminorität auf Ebene der Muttergesellschaft

Denkbar ist ebenfalls, dass der Geschäftsführer an der Gesellschaft nicht beteiligt ist, aber Anteile an einer Muttergesellschaft hält. Hält der Geschäftsführer in einem Umfang Anteile an der Muttergesellschaft, der es ihm ermöglicht, dortige Beschlüsse über das Abstimmungsverhalten im Rahmen der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft herbeizuführen, kann er damit Beschussfassungen auf Ebene der Tochtergesellschaft verhindern, wenn die Muttergesellschaft ihrerseits mindestens 50 % der Anteile an der Tochtergesellschaft hält. Mithin kann er die Erteilung von Weisungen an ihn in seiner dortigen Funktion als Fremd-Geschäftsführer unterbinden.

Auch bei weiteren Zwischengesellschaften kann eine solche Rechtsmacht bestehen.

Soweit ersichtlich hatte die Rechtsprechung bislang nur über die Konstellation einer Beteiligung an der Muttergesellschaft von weniger als 50 % und ohne anderweitige gesellschaftsrechtliche Besonderheiten zu entscheiden. Da in dieser Konstellation keine Möglichkeit besteht, auf Ebene der Tochtergesellschaften Beschlüsse zu verhindern, besteht Sozialversicherungspflicht als Fremd-Geschäftsführer der Tochtergesellschaft.

Nach den Äußerungen des BSG in den jüngsten Entscheidungen müssen gleichwohl Zweifel verbleiben, wie sich die Rechtsprechung positionieren wird.

Freitag, 27. Mai 2016

BSG zur Genehmigungsfiktion gem. § 13 Abs. 3a SGB V



Das BSG hat mit Urteil vom 08.03.2016 (B1 KR 25/15 R) zu § 13 Abs. 3a SGB V entschieden, dass bei Nichteinhalten der Fristen von 3 bzw. 5 Wochen die Genehmigungsfiktion eintritt, so dass ein Kostenerstattungsanspruch bzw. ein Naturalleistungsanspruch bestehen.

Soweit eine Krankenkasse die Frist von 3 bzw. 5 Wochen nicht einhalten kann, hat sie unter Angabe von hinreichenden Gründen taggenau über die Verzögerung schriftlich zu informieren und falls die Verzögerung andauert, rechtzeitig ein weiteres Mal taggenau zu informieren. Damit können sich Krankenkassen nicht darauf zurückziehen, dass sie einmal informiert hätten und müssten sich nun nicht mehr um das Verfahren kümmern.

Und ganz wesentlicher Aspekt der Entscheidung ist, dass die Genehmigungsfiktion nicht nur zu einem Kostenerstattungsanspruch führt, sondern auch zum Naturalleistungsanspruch. Zur Begründung führt das BSG zutreffend aus, dass nur so mittellose Versicherte, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch realisieren können. 

Noch nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, ob nur Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen oder auch Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs (zum Beispiel: Liposuktion, Mamareduktionsplastik) von dieser Genehmigungsfiktion umfasst sind. Die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung der Landessozialgerichte tendiert aber in diese Richtung.

Betroffenen kann also nur der Rat gegeben werden, einen Antrag auf Liposuktion bzw. Mamareduktionsplastik zu stellen. Versäumt die Krankenkasse die gesetzlichen Fristen, so tritt die oben dargestellte Genehmigungsfiktion ein.

Mittwoch, 9. September 2015

Schönheitsoperation auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse

Wie man die Krankenkasse die Brustverkleinerung bezahlen lassen kann.


Wir haben gerade wieder ein Urteil für unsere Mandantin erstritten: SG Duisburg, S 15 KR 17/15, Urteil vom 25.8.2015.
Sachverhalt: Die Klägerin begehrt eine Mammareduktionsplastik. Die KK versäumt unstreitig alle Fristen nach § 13 IIIa SGB V und beruft sich darauf, dass die begehrte OP nicht erforderlich sei und daher nicht in den Leistungskatalog der GKV falle.
Das SG hat der Klage unter Hinweis auf die Rechtssprechung des 5. Senats des LSG NRW stattgegeben. Durch die Fiktion der Genehmigungswirkung sei die Leistung der Klägerin wirksam verfügt und die Beklagte sei mit allen Einwendungen, so zum Beispiel auch mit der Frage, ob die Leistung erforderlich im Sinne des § 12 I 1 SGB V sei, ausgeschlossen.
Die Krankenkasse hat nach § 13 Abs. 3 a SGB V über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von 5 Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der MDK nimmt innerhalb von 3 Wochen gutachtlich Stellung.

Kann die Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Dabei kann sich die Krankenkasse nicht auf Gründe berufen, die in ihren Verantwortungsbereich fallen wie z.B. Organisationsmängel oder Arbeitsüberlastung. Hinreichende Gründe für eine Überschreitung der Frist liegen hingegen vor, wenn diese z.B. darauf beruht, dass die Versicherten oder Dritte nicht genügend oder rechtzeitig bei einer körperlichen Untersuchung mitgewirkt oder von einem Gutachter aufgeforderte Unterlagen beigebracht haben oder ein Obergutachten eingeholt oder der Protetik-Einigungsausschuss angerufen wird. Eine zusätzliche eigene Fristsetzung durch die Versicherten wird nicht als Voraussetzung für eine Selbstbeschaffung der Leistung mit der Folge eine Kostenerstattungspflicht der Krankenkasse vorgesehen. Dies erleichtert es Versicherten, sich die zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen.

Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Versicherten sind so zu stellen, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Insoweit orientiert sich die Regelung an der Erstattungsregelung in § 13 Abs. 3 SGB V. § 13 Abs. 3 a SGB V beschränkt den Anspruch jedoch nicht auf eine ausschließliche Kostenerstattung. Nach dem Wortlaut der Norm gewähren Satz 6 und 7 mittels einer Genehmigungsfunktion einen Sachleistungsanspruch oder einen Kostenerstattungsanspruch für die erforderliche Leistung. Der Geltungsbereich des § 13 Abs. 3 a SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme Satz 6 kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3 a SGB V aus. Selbst wenn man sich der Auffassung anschließen würde, § 13 Abs. 3 a SGB V gewähre nur einen Kostenerstattungsanspruch, so gelangt man zu keinem anderen Ergebnis da der Kostenerstattungsanspruch auch ein Anspruch auf Freistellung umfasst (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 24.5.2014, L 5 KR 222/14 B ER).

Freitag, 20. März 2015

Nach Nelson Müllers Ausstieg "Notbetrieb" in Philharmonie

In einem Artikel der WAZ vom 17. März geht es um die zum 1. April schließende Gastronomie Wallberg in der Philharmonie Essen.
Rechtsanwalt Christian Schäfer vertritt zwei der 35 betroffenen Mitarbeiter, denen nach der Kündigung des Sternekochs Nelson Müller nun die Erwerbslosigkeit bevorsteht, da die ab 1. April eingesetzte städtische Servicegesellschaft RGE die Mitarbeiter nicht übernehmen will.

Hier geht es zum vollständigen Artikel.

Samstag, 24. Januar 2015

Neue Betrugsmasche auf eBay Kleinanzeigen durch Verwendung von PayPal

Eine neue Betrugsmasche führt aktuell zu zahlreichen Geschädigten Nutzern der Plattform eBay Kleinanzeigen. Geschädigt sind bei dieser Masche hauptsächlich Verkäufer, die eine Zahlung mittels des Dienstes PayPal akzeptieren. Die Schädiger manipulieren durch Verwendung eines gefälschten Verkaufsangebotes die Zahlung eines nichts ahndenden Käufers auf die Bankverbindung des ebenfalls nichts ahnenden Verkäufers. Der Verkäufer wird gleichzeitig von dem Schädiger kontaktiert und danach gefragt, ob die Zahlung des Kaufpreises auch durch PayPal erfolgen kann. Gleichzeitig bittet der Schädiger darum, den Artikel aber persönlich abholen zu können.
Wird der zu verkaufenden Artikel dann persönlich übergeben, verliert der Verkäufer die Verkäuferschutzansprüche bei PayPal, weil diese nur greifen, wenn der zu verkaufende Gegenstand an ein unabhängiges Versandunternehmen übergeben wird. Der nichts ahnende Käufer, der auf ein nicht existierendes Angebot gezahlt hat, wird im Folgenden seine Zahlung durch PayPal zurückbuchen lassen, weil er niemals einen Artikel erhalten wird. Der Verkäufer verliert im Ergebnis daher nicht nur den zu verkaufenden Gegenstand, sondern ebenfalls den ursprünglich gezahlten Kaufpreis.
Da für die Nutzung der Seite eBay Kleinanzeigen keinerlei personenbezogene Daten angegeben werden müssen, ist eine Ermittlung der Täter nahezu unmöglich. Verkäufer, die eine Zahlung mittels PayPal akzeptieren, sollten daher keinesfalls die Ware persönlich übergeben.

Sonntag, 18. Januar 2015

Linten Rechtsanwälte: Die Unfallflucht – je nach Region schweres Vergehen oder Bagatelltat

Dr. Carsten Engel, Rechtsanwalt
und Fachanwalt für Verkehrsrecht:

Der Vorwurf der strafbaren Verkehrsunfallflucht wird landauf landab täglich einer Vielzahl von Verkehrsteilnehmern zur Last gelegt. Teils begründet, teils unbegründet wird hier den Verkehrsteilnehmern vorgeworfen, sich nach einem Verkehrsunfall unerlaubt vom Unfallort entfernt zu haben, ohne die Personalienfeststellung zu ermöglichen. Da es sich bei dem Delikt gem. § 142 StGB um ein Offizialdelikt handelt, sind die Polizeibehörden angewiesen, jedem Verdacht nachzugehen, was im Grunde nicht nur unverwerflich, sondern vom Gesetzgeber auch gefordert ist. Bereits anachronistisch mutet hier die Formulierung des § 142 StGB an, dessen Inhalt spätestens nach Massenverbreitung von Mobiltelefonen, Smartphones und anderen drahtlosen Fernkommunikationsmitteln überholt erscheint. Wo noch vor 30 Jahren der Unfallbeteiligte warten musste, weil er keine Möglichkeit hatte, auf einen Verkehrsunfall aufmerksam zu machen, wird der redliche Verkehrsteilnehmer zu seinem Mobiltelefon greifen und die Polizei hinzuziehen. Die Vorgaben des Gesetzgebers zur Wartezeit, bevor eine Unfallstelle verlassen werden darf, müssten der fortschreitenden technischen Entwicklung im Zeitalter der Jederzeit–Erreichbarkeit angepasst werden. Die Tatsache, dass das Vergehen der Verkehrsunfallflucht ein Offizialdelikt darstellt, ist begrüßenswert, treibt in der Praxis und im Einzelfall aber mitunter ungeheure Blüten. Dies zeigt ein Fall aus der anwaltlichen Praxis des Verfassers. Der Verkehrsteilnehmer touchiert beim Rückwärtsfahren auf einem Parkplatz einen Laternenpfahl. Dabei zersplittert sein Rücklicht. Der redliche Verkehrsteilnehmer steigt aus, betrachtet sich den angerichteten Schaden und kommt nachweislich und richtig zu dem Schluss, dass lediglich Eigenschaden entstanden ist. An der Laterne befindet sich nicht einmal leichter Lackabrieb oder gar ein Lackabplatzer. Der redliche Verkehrsteilnehmer fährt nach Hause, holt ein Kehrblech, begibt sich zurück zum „Tatort“ und kehrt sämtliche Glassplitter auf. Anschließend begibt er sich wieder nach Hause, um den lediglich angerichteten Eigenschaden seiner Kaskoversicherung zu melden. In Unkenntnis der tatsächlichen Umstände rät der Mitarbeiter der Autoversicherung dem Verkehrsteilnehmer, nachträglich die Polizei einzuschalten. Dieser begibt sich zur Polizeiwache, schildert den Umstand und weist insbesondere auf die Tatsache hin, dass kein Fremdschaden entstanden ist. Anstatt nun zunächst einmal die vermeintliche Unfallstelle aufzusuchen, wird gegen den Verkehrsteilnehmer zunächst ein Ermittlungsverfahren wegen Verkehrsunfallflucht eingeleitet, er wird als Beschuldigter vernommen und erst anschließend begeben die Polizeibeamten sich zum vermeintlichen Unfallort, dokumentieren unter Zuhilfenahme von Fotomaterial, dass an dem vermeintlich geschädigten Gegenstand (der Straßenlaterne) nicht der geringste Schaden entstanden ist, schließen insoweit die Ermittlungen ab und senden die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft zu. Erst nach Akteneinsicht wird auf Antrag des Verteidigers das Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt. Dies zeigt die wenig kritische Distanz, die insbesondere Polizeibeamte bei der Aufnahme einer vermeintlichen Verkehrsunfallflucht an den Tag legen. Hier wäre es wünschenswert, wenn ein geschulter Beamter schon bei der Aufnahme kritisch die Frage beleuchtet, ob der Anfangsverdacht einer Unfallflucht überhaupt vorliegt. Hier wird vielfach die reine Unfallbeteiligung mit der Täterschaft einer Verkehrsunfallflucht verwechselt. Schuldig einer Unfallflucht kann sich – und dies sollte auch aufnehmenden Beamten einleuchtend sein – nur derjenige machen, der als Unfallbeteiligter vorsätzlich die Unfallstelle verlassen hat, ohne seine Personalienfeststellung zu ermöglichen. Bereits durch die Befragung von Zeugen wird in einer Vielzahl von Fällen deutlich, dass dem Unfallbeteiligten zwar die Verursachung eines Kleinstschadens nachgewiesen werden kann, aber mangels Bemerkbarkeit eine Unfallflucht schon nach erstem Anschein ausscheidet. Wünschenswert wäre daher eine stärkere Filterung zwischen Einleitung von Strafverfahren, die ohnehin eingestellt werden und der bloßen Weitergabe von Zeugendaten und Personalien an den Geschädigten zum Zwecke der berechtigten Durchsetzung von Schadensersatzforderungen. Schließlich darf die Bestrafung der tatsächlichen Unfallflucht im Endeffekt nicht davon abhängig gemacht werden, wo das Vergehen begangen wird. Hier ist ein starkes Nord-Südgefälle in der Praxis feststellbar. In süddeutschen Gefilden werden regelmäßig Delikte der Verkehrsunfallflucht mit einem angerichteten Fremdschaden auch von unter 500,00 € nicht nur rechtmäßig verfolgt, sondern zur Anklage gebracht oder mit Strafbefehlen abgeurteilt. Je weiter der nord-westdeutsche Raum erreicht wird, desto differenzierter gehen die Behörden mit dem Vorwurf um. Bei Nicht-Personenschäden und angerichteten Fremdschäden in Bereichen von unter 1.000,00 € wird die Vielzahl der angezeigten Delikte über eine vorläufige Einstellung gem. § 153a StPO mit Verhängung einer angemessenen Geldauflage beschieden. Dies erscheint zur Entlastung der Justiz, insbesondere aber auch zur sachgerechten Beurteilung von Tatfragen angemessen zu sein. Angesichts der Tatsache, dass kleinste Lackbeschädigungen an Fahrzeugen oftmals Reparaturkosten von um 1.000,00 € nach sich ziehen, sind die Vorwürfe an die Verkehrsunfallflüchtigen regelmäßig so gering, dass die Durchführung der Hauptverhandlung oder die Verhängung eines Strafbefehles überzogen erscheint. Hier würde der Praktiker sich eine deutschlandweit einheitlichere Regelung mit wesentlich praxisnäheren Ergebnissen wünschen. Es bleibt die Hoffnung, dass der Satz insbesondere von süddeutschen Richtern: „Das machen wir hier immer so“ der Vergangenheit angehört und durch eine im Dialog gefundene ausgewogene Beurteilung der Täterfrage ersetzt wird.


DAR 2014, 677

Sonntag, 11. Januar 2015

Linten Rechtsanwälte: Liposuktion auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung

Die Krankenkasse hat nach § 13 Abs. 3 a SGB V über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von 5 Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der MDK nimmt innerhalb von 3 Wochen gutachtlich Stellung.
Kann die Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Dabei kann sich die Krankenkasse nicht auf Gründe berufen, die in ihren Verantwortungsbereich fallen wie z.B. Organisationsmängel oder Arbeitsüberlastung. Hinreichende Gründe für eine Überschreitung der Frist liegen hingegen vor, wenn diese z.B. darauf beruht, dass die Versicherten oder Dritte nicht genügend oder rechtzeitig bei einer körperlichen Untersuchung mitgewirkt oder von einem Gutachter aufgeforderte Unterlagen beigebracht haben oder ein Obergutachten eingeholt oder der Protetik-Einigungsausschuss angerufen wird. Eine zusätzliche eigene Fristsetzung durch die Versicherten wird nicht als Voraussetzung für eine Selbstbeschaffung der Leistung mit der Folge eine Kostenerstattungspflicht der Krankenkasse vorgesehen. Dies erleichtert es Versicherten, sich die zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen.
Liposuktion wird sowohl in ambulanter als auch in stationärer Behandlung in regelmäßiger Praxis durch die Krankenkassen abgelehnt. Durch den oben aufgezeigten Weg ergibt sich für die Versicherten eine Möglichkeit, sich diese Leistung zu beschaffen. Zwar wird die Krankenkasse ohne Widerspruchs- und Klageverfahren die Leistung nicht bewilligen. Am Ende wird sie die Leistung aber erbringen müssen.Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine
erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Versicherten sind so zu stellen, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Insoweit orientiert sich die Regelung an der Erstattungsregelung in § 13 Abs. 3 SGB V. § 13 Abs. 3 a SGB V beschränkt den Anspruch jedoch nicht auf eine ausschließliche Kostenerstattung. Nach dem Wortlaut der Norm gewähren Satz 6 und 7 mittels einer Genehmigungsfunktion einen Sachleistungsanspruch oder einen Kostenerstattungsanspruch für die erforderliche Leistung. Der Geltungsbereich des § 13 Abs. 3 a SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme Satz 6 kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung
mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3 a SGB V aus. Selbst wenn man sich der Auffassung anschließen würde, § 13 Abs. 3 a SGB V gewähre nur einen Kostenerstattungsanspruch, so gelangt man zu keinem anderen Ergebnis da der Kostenerstattungsanspruch auch ein Anspruch auf Freistellung umfasst (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 24.5.2014, L 5 KR 222/14 BER).
Versicherten, die eine Liposuktion begehren, kann also nur der Rat erteilt werden, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Entscheidet die Krankenkasse nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen, so gilt die Genehmigung als erteilt. Sie wird fingiert. Die Krankenkasse hat dann die Leistung zu erbringen.

Wir begleiten Sie bei der rechtlichen Durchsetzung Ihres Anspruchs auf die Liposuktion.