Sonntag, 29. Mai 2011

Unfallversicherung: Keine Leistung bei zunächst nicht erkannten Unfallfolgen

Das Landgericht Dortmund hat die Klage eines Versicherungsnehmers abgewiesen, weil die in den Versicherungsbedingungen festgelegten Fristen ( Eintreten der Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall und ärztliche Feststellung innerhalb 15 Monate nach dem Unfall ) nicht eingehalten wurden.
Der Versicherungsnehmer hatte am 01.11.2007 einen Unfall. Zunächst wurde eine Invalidität aufgrund der Unfallfolgen nicht festgestellt, weil ein erlittener Brustbeinbruch nicht erkannt wurde und die Ärzte davon ausgingen, dass wegen der erlittenen Verletzungen keine Invalidität drohe. Erst im März 2010 wurde dem Versicherungsnehmer von den Ärzten mitgeteilt, dass wegen eines unfallbedingten Brustbeinbruches mit Pseudoarthrose eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit vorliege.

mitgeteilt von Rechtsanwalt Ulrich Kelch Fachanwalt für Versicherungsrecht

Donnerstag, 26. Mai 2011

Bei betriebsbedingter Kündigung wiegt im Rahmen der Sozialauswahl das Alter stärker als die Kinderzahl

Bei der betriebsbedingten Kündigung kann der Arbeitgeber bei Wegfall eines Arbeitsplatzes entscheiden, welchen von zwei vergleichbaren Arbeitnehmern er unter sozialen Gesichtspunkten nach § 1 Abs. 3 KSchG kündigt. Das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden, dass bei dieser Sozialauswahl das Kriterium des Alters des Arbeitnehmers höher wiegt als die Frage, ob er Unterhaltspflichten gegenüber Kindern hat (Urteil vom 18.02.2011, Az.: 4 Sa 1122/10).

LAG: Bessere Jobchancen für Jüngeren

Der zugrunde liegende Fall betraf zwei etwa gleich lang beschäftigte verheiratete Führungskräfte in der Metallverarbeitung, von denen der eine 35 Jahre alt war und zwei Kinder hatte, der andere 53 Jahre alt und kinderlos. Das LAG entschied, dass die Kündigung des älteren Arbeitnehmers unwirksam war, weil der jüngere Arbeitnehmer im Gegensatz zum älteren viel bessere Chancen hatte, alsbald eine neue Arbeit zu finden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären seine Unterhaltpflichten für die Kinder gar nicht beeinträchtigt gewesen, so das Gericht.

Wörtlich heißt es in dem Urteil:

Das Lebensalter des Klägers liegt mit 53 Jahren im Zeitpunkt der Kündigung im schlechtestmöglichen Bereich, was die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die Perspektiven anbelangt, das Arbeitsleben bis zum Rentenalter fortzusetzen.

Rechtlicher Hintergrund: Sozialauswahl

Nach § 1 Abs. 3 KSchG muss der der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung die betroffenen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung von Betriebszugehörigkeitszeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und einer eventuellen Schwerbehinderung auswählen. In der Rechtsprechung ist weitgehend ungeklärt, wie diese Kriterien untereinander zu gewichten sind.

Quelle: Arbeitsrechtfix.de
Es informiert Rechtsanwalt Christian Schäfer

Sonntag, 22. Mai 2011

Krankenversicherung: Keine Erstattung der Kosten für Psychotherapie

Wenn in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer privaten Krankenversicherung die Erstattung von Kosten einer Psychiotherapie von einer vorherigen schriftlichen Zusage des Versicherers abhängig ist, so kann der Versicherer im Fall der Nichteinholung dieser Zusage berufen auch wenn die Behandlung medizinisch notwendig ist. Die Versicherung handelt nicht treuwidrig, wenn ihr vor Behandlungsbeginn keine Gelegenheit zu deren Prüfung eingeräumt worden ist.Anders kann das zu beurteilen sein, wenn der Versicherungsnehmer ausreichend Gegelegenheit dazu eingeräumt hat oder der Versicherungsnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, der Versicherung die Gelegenheit dazu zu geben, zb wenn er direkt vom behandelnden Arzt psychotherapeutische stationäre Behandlung eingewiesen wurde.
( OLG Köln Urteil vom 22.10.2010 20 U 30/10 )

mitgeteilt von Rechtsanwalt Ulrich Kelch Fachanwalt für Versicherungsrecht

Mittwoch, 18. Mai 2011

Gebrauchsüberlassung des Dienstwagens ist nur solange geschuldet, wie der Arbeitgeber Vergütung schuldet

Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, für die keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr besteht, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die weitere Überlassung des Dienstwagens.

Das BAG hat mit Urteil vom 14.12.2010 - 9 AZR 631/09 über folgenden Fall entschieden:

Der Kläger ist bei der Beklagten als Bauleiter beschäftigt. Die Beklagte stellt ihm arbeitsvertraglich für seine Tätigkeit einen Dienstwagen „auch zur privaten Nutzung“ zur Verfügung. In der Zeit vom 03.03.2008 bis einschließlich 14.12.2008 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Sein Entgeltfortzahlungsanspruch endete zum 13.04.2008. Auf Verlangen der Beklagten gab er den Dienstwagen zurück. Die Beklagte überließ dem Kläger erst nach Wiederaufnahme der Arbeit wieder einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung. Der Kläger verlangt Nutzungsausfallentschädigung. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Räume der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Recht ein, den überlassenen Dienstwagen privat zu nutzen, stelle dies zwar einen geldwerten Vorteil und Sachbezug dar mit der Folge, dass der Arbeitnehmer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit verlangen könne, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug vertragswidrig entziehe. Andererseits sei die Gebrauchsüberlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung aber nur zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und damit steuer- und abgabenpflichtiger Teil der Arbeitsvergütung. Damit sei die Gebrauchsüberlassung regelmäßig nur solange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Vergütung schulde. Das sei für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, für die keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr bestehe, nicht der Fall.

Hinweis für die Praxis

Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber grundsätzlich den Dienstwagen nur während der Dauer der Entgeltfortzahlungspflicht von sechs Wochen gewähren . Danach kann der Arbeitgeber den Dienstwagen herausverlangen. Etwas anderes kann sich im jeweiligen Einzelfall aus vertraglichen Vereinbarungen ergeben. Sieht allerdings der Arbeitsvertrag nur eine Aufstockung des nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums gezahlten Krankengelds vor, wird diese im Regelfall die Gewährung eines Dienstwagens nicht umfassen. Dann ist nur der Aufstockungsbetrag und nicht die reguläre Vergütung geschuldet.

Vor Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums kann der Dienstwagen zurückgefordert werden, wenn der Arbeitsvertrag einen entsprechenden Widerrufsvorbehalt vorsieht. Dieser muss der AGB-Kontrolle standhalten. Ein solches Widerrufsrecht ist nach § 308 Nr. 4 BGB nur dann zumutbar, wenn es für den Widerruf einen sachlichen Grund gibt und dieser im Text der Änderungsklausel zum Ausdruck kommt. Die Widerrufsregelung muss nicht nur klar und verständlich sein, sie darf den Vertragspartner als solchen nicht unangemessen benachteiligen. Es dürfte nicht ausreichen dabei ganz allgemein auf „wirtschaftliche Gründe“ abzustellen.


Veröffentlicht auf arbeitsrechtfix.de von Rechtsanwalt Christian Schäfer

Sonntag, 15. Mai 2011

Allgemeines Versicherungsrecht: Mehr Rechte für Versicherungsnehmer

Durch das neue Versicherungsrecht kann der Versicherungsnehmer im Fall einer falschen Angabe in der Schadenanzeige einfacher als früher den Beweis führen, dass diese Falschangabe auf die Leistungsentscheidung der Versicherung habe und damit unbeachtlich ist (sog. Kausalitätsgegenbeweis )
Beispiel:
Der Versicherungsnehmer gibt nach einem Kfz.- Diebstahl in der Schadenanzeige eine wesentlich geringere Laufleistung des gestohlenen PKW an. Die Versicherung hat allerdings vor ihrer Regulierungsentscheidung eine Schlüsselauslesung vorgenommen und selbst die höhere Laufleistung festgestellt, so dass sie diese bei Bewertung des Wiederbeschaffungswertes zugrunde legen kann.
In diesem Fall hat das Kammergericht Berlin die Versicherung nach neuem Recht zur Zahlung des Wiederbeschaffungswertes verurteilt. Nach altem Versicherungsrecht wäre die Versicherung leistungsfrei gewesen.
KG Berlin, beschluss vom 09.11.2010 - 6 U 103/10

mitgeteilt von Rechtsanwalt Ulrich Kelch Fachanwalt für Versicherungsrecht

Donnerstag, 12. Mai 2011

Krankentagegeldversicherung: Mobbing kann zur Arbeitsunfähigkeit führen

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes stellt das Gericht fest, dass ein Arbeitnehmer, der aufgrund einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen seinem bisher ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung nicht nachgehen kann, Krankentagegeld von der privaten Krankenversicherung verlangen kann.

Das Gericht ist dabei der Auffassung, dass die Versicherungen nicht einwenden können, dass der Versicherungsnehmer seinen Beruf durch Wechsel des Arbeitsplatzes ausüben oder bei Bereinigung der Konfliktsituation an seinem konkreten Arbeitsplatz arbeiten könne.
Damit ist das Gericht der Argumentation einiger Oberlandesgerichte entgegen getreten, wonach bloße „ Arbeitsplatzunverträglichkeiten“ keine Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen begründe.


mitgeteilt von Rechtsanwalt Ulrich Kelch Fachanwalt für Versicherungsrecht

Mittwoch, 4. Mai 2011

Katholische Kirche wehrt Restitutionsklage des gekündigten Kirchenmusikers mit Linten & Partner erfolgreich ab. Trotz Erfolg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte keine Wiederaufname des Verfahrens

Der Kläger war seit dem Jahre 1983 bei der beklagten katholischen Kirchengemeinde als Kirchenmusiker tätig. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.1998 mit der Begründung, der noch verheiratete Kläger unterhalte nach Trennung von seiner Ehefrau eine außereheliche Beziehung. Die Ehe des Klägers wurde im August 1998 geschieden. Die Kündigungsschutzklage des Kirchenmusikers hatte vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf keinen Erfolg. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zum Bundesarbeitsgericht blieb im Jahr 2000 ebenso ohne Erfolg wie dessen Verfassungsbeschwerde im Jahr 2002. Auf die Individualbeschwerde des Klägers vom 11.01.2003 zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied dieser am 23.09.2010, dass die Beschwerde zulässig und dass Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt ist. Art. 8 EMRK schützt das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Die vom Kläger erhobene Restitutionsklage blieb vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf erfolglos. Die Wiederaufnahme des ursprünglichen Kündigungsschutzverfahrens war nicht zulässig. Zwar sieht § 580 Nr. 8 ZPO als Wiederaufnahmegrund für ein nach nationalem Recht rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren die Feststellung der Verletzung der EMRK durch den EGMR vor. Dieser neu eingeführte Restitutionsgrund konnte für den Kläger jedoch nicht zur Anwendung kommen, weil er aufgrund der Übergangsvorschrift des § 35 EGZPO nicht auf Verfahren anzuwenden ist, die vor dem 31.12.2006 rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Dies ist vorliegend der Fall. Weder das deutsche Verfassungsrecht, noch die EMRK verpflichten den nationalen Gesetzgeber, im Falle der Feststellung der Verletzung der EMRK durch den EGMR einen eigenen Restitutionsgrund zu schaffen. Schafft der nationale Gesetzgeber ohne rechtliche Verpflichtung einen solchen Wiederaufnahmegrund, begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn er aus Gründen der Rechtssicherheit und aus Vertrauensschutzgesichtspunkten, die Einführung mit einer Stichtagsregelung

verbindet. Unabhängig davon hatte der Kläger die Frist des § 586 Abs.

2 Satz 2 ZPO von fünf Jahren für die Erhebung der Restitutionsklage nicht eingehalten.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2011 - 7 Sa 1427/10

Sonntag, 1. Mai 2011

Mangelnde Beratung beim Abschluß eines Gebäudeversicherungsvertrages - Wegfall des Unterversicherungeinwandes

Der Bundesgerichtshof hält die Gebäudeversicherung und deren Vermittler für verpflichtet, den Versicherungsnehmer bei Abschluss einer Gebäudeversicherung umfassend zu unterstützen, wenn es um die Angabe des Versicherungswertes geht.
Danach treffen den Gebäudeversicherer gesteigerte Hinweis- und Beratungspflichten bei Abschluss des Vertrages, wenn er die Bestimmung des Versicherungswertes dem Versicherungsnehmer überlässt und Versicherungsbedingungen verwendet, nach denen die Feststellung des richtigen Versicherungswertes, ohne dass dies offen zutage läge, so schwierig ist, dass sie selbst ein Fachmann nur mit Mühe treffen kann. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes liegt es so bei der richtigen Ermittlung des Versicherungswertes 1914. Kommt der Versicherer seiner Beratungsverpflichtung nicht nach, kann er sich später nicht auf eine Unterversicherung berufen.

mitgeteilt von Rechtsanwalt Ulrich Kelch Fachanwalt für Versicherungsrecht